Boxenstopp
Gesetzliche Grundlage
Das System verfügt über eine Betriebserlaubnis durch den Kommunalen Sozialverband (Erlaubnisbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern). Es können Aufnahmen nach den §§ 34, 35a und 41 SGB VIII realisiert werden.
Das Angebot richtet sich an bis zu 3 männliche junge Menschen ab 12 Jahren.
Der Fachkraftschlüssel beträgt 1,5 : 1.
Grundsätzlich setzt die Aufnahme einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung durch die Personensorgeberechtigten und eine Hilfeplanung nach §36 SGB VIII voraus.
Die Anwendung der §§ 72a und 47 SGB VIII sind obligatorisch.
Ausgangslage
Im Zuge der Professionalisierung unseres Anfragemanagements hat sich auch der Blick auf diejenigen Fallgestaltungen/Bedarfslagen, die für die Bedarfsträger (also öffentliche Jugendhilfeträger und Träger der Eingliederungshilfe) oft nur schwer lösbar sind, geschärft.
Indem wir von einer rein quantitativen Erfassung von Anfragedaten zu einer auch qualitativen Analyse aller (vor allem auch der von uns nicht umsetzbaren) Aufnahmeanfragen übergegangen sind, können wir unter anderem folgende Entwicklungen beobachten:
- Das Durchschnittsalter der bei uns angefragten/vorgestellten Klienten sinkt
- Der Anteil der Klienten, die bereits mehrere Abbrüche in verschiedenen stationären Einrichtungen der Jugendhilfe durchlebt haben, steigt signifikant
- Das Geschlechterverhältnis ist ausgewogen
- Die Anzahl der Anfragen steigt deutlich
- Ein zunehmender Anteil der Klienten ist in nach Ansicht der Fachkräfte der Bedarfsträger „ungeeigneten Behelfsmaßnahmen“ untergebracht
- Es herrscht zunehmend ein erheblicher Zeitdruck in Bezug auf den Maßnahmenstart
Im Rahmen der sich intensivierenden fachlichen Kommunikation mit den Bedarfsträgern, wird zunehmend signalisiert, dass es erhebliche Bedarfe nach zeitnah – im Sinne von jetzt und gleich - verfügbaren Interimsplätzen gibt. Häufigste Anlässe sind akute Übergriffsituationen zwischen Kindern und Jugendlichen oder Überforderungssituationen der Erziehenden in den Herkunftssystemen, vor allem aber auch in anderen Jugendhilfesettings, aus denen sich akuter Handlungsbedarf ergibt.
Manchmal …
… ergeben sich in Erziehungskontexten Situationen in denen Klienten hier und jetzt geschützt werden müssen
… haben wir als Fachkräfte keine Zeit zwischen verschiedenen Angeboten abzuwägen, sondern wir benötigen jetzt eine Lösung, die uns Allen Zeit zum sorgfältigen Entscheiden verschafft
… müssen wir dabei vor dem Hintergrund des Primats der Sicherstellung des Kindeswohls an sich zu vermeidende ‚Interimslösungen‘ in Kauf nehmen
Konkretisierung
Geografische Lage und Chance
Zur Kulturregion Mecklenburg-Strelitz gehörend, ist Wesenberg, mit seinen gerade mal 3000 Einwohnern, einer der Hauptorte in der Region Neustrelitzer Kleinseenplatte oder Mecklenburgischen Seenplatte. Wesenberg liegt direkt am Woblitzsee im oberen Havelgebiet. Neustrelitz liegt zur Orientierung 15km in nordöstlicher Richtung und in südlicher Richtung erreicht man Berlin nach 120 km in gut einer Stunde.
Durch die Nähe zur Havel und die räumlichen Gegebenheiten der Einrichtung ist es möglich diverse Projekte umzusetzen. Von Gartenarbeit, Radtouren, Schwimmen oder Kanutouren bis zum Wandern in der fußläufig zu erreichenden Natur gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten für Klienten selbst tätig zu werden. Dies bietet den pädagogischen Fachkräften unterschiedliche Ansätze Prozesse anzuregen und Verhalten zu beobachten.
Struktur des Angebots
Die Stelle für Interimsplätze hält – je nach aktueller Belegungslage und die jeweilige Fallproblematik der bereits aufgenommenen Klienten berücksichtigend – bis zu drei Interimsplätze für männliche Betreute ab 12 Jahren vor.
Grundsätzlich dient das Angebot der schnellen Bereitstellung von Übergangssettings mit klaren und strukturierten Bedingungen in einem rechtlich abgesicherten Rahmen. Ein originärer erzieherischer Auftrag wird ausdrücklich nicht verfolgt. Unangemessene Grenzüberschreitungen werden gleichwohl unterbunden.
Clearing
Während der Aufenthaltsdauer ist ein Erreichen von Entwicklungszielen nicht prioritär. Vielmehr geht es um das Erkennen von bereits erlernten Strategien, Verhaltensmustern, Ressourcen und Problemfelder. Was kann aus dem vorherigen Hilfeverlauf mitgenommen werden, was wird deutlich und wie sollte dementsprechend eine Anschlussmaßnahme aussehen. Die genannten Punkte aufzudecken und gemeinsam eine Perspektive zu entwickeln, steht im Vordergrund des Clearing-Prozesses.
Grundsätzlich bieten wir - sofern notwendig - ein Abholen der Klienten durch die eingesetzten Fachkräfte an.
Die maximale Verbleibdauer beträgt 3 Monate. Es erfolgt eine monatsgenaue Abrechnung.
Wir halten alle notwendigen Ressourcen vor, um eine kindeswohlsichernde immaterielle und materielle Versorgung auch in ‚ad-hoc-Situationen‘ sicher zu stellen.
Wichtige Rahmenbedingungen
Beschulung
Die Beschulung dürfte bei der fokussierten Klientengruppe nicht von höchster Priorität sein. Entscheidungen über Art und Umfang der Beschulung werden mit den beteiligten Fachkräften, PSB und Schulbehörden abgestimmt. Eine Fernbeschulung ist grundsätzlich möglich.
Umgang mit Delinquenz
Das Fachteam behält sich vor jede strafbare Handlung innerhalb des Maßnahmezeitraums zur Anzeige zu bringen. Dies inkludiert auch scheinbar ‚harmlosere‘ Grenzüberschreitungen wie Diebstähle in der Gruppe, Beleidigungen, Bedrohungen, etc. Die Klienten werden über diese Regelung vorab informiert.
Regelverstößen während des Betreuungsprozesses, die keiner strafrechtlichen Würdigung bedürfen, begegnen wir unserem individualpädagogischen Verständnis nach, immer im kausalen Zusammenhang zur Ausgangssituation.
Freiwilligkeit
Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass es Aufgabe der Personensorgeberechtigten ist, über den gewöhnlichen Aufenthalt der Klienten zu entscheiden. Insofern ist eine Entscheidung der Klienten für eine Interimsunterbringung zwar erwünscht, aber keine zwingende Voraussetzung. Das Angebot ist nicht geeignet zur Umsetzung freiheitsentziehender Maßnahmen.
Ausschlusskriterien/Warteliste
Es gibt prinzipiell keine in der Person, Verfassung oder Konstitution der Klienten liegende Ausschlussgründe. Sollten im Rahmen einer Aufnahme ‚Klienten-Konstellationen‘ zu erwarten sein, die fachlich kontraindiziert sind, kann eine Wartezeit entstehen. Auf Wunsch kann der Eintrag in einer Warteliste erfolgen.
Jugendliche, deren Vita eine akute Suizidalität oder anderweitige akute psychische Erkrankung erkennen lassen, die pädagogisch nicht zu erreichen sind und aufgrund von ausgeprägten Bindungsstörungen im angebotenen Setting nicht erreichbar erscheinen, können ebenso wenig aufgenommen werden wie junge Menschen mit nachweisbarer sexueller Übergriffigkeit im Kontext zum Betreuungsangebot.
Bei erkennbarem Drogenkonsum an der Grenze zum pathologischen, ist möglicherweise ein qualifizierter Entzug und folgend die ausdrückliche Bereitschaft zu einer Drogentherapie zwingend Aufnahmevoraussetzung.
Grundsätzlich gilt, dass jede Akutsituation, die zunächst ein medizinisches Handeln erforderlich macht, einer Aufnahme entgegen stehen kann. Hier sind die Prozessbeteiligten aufgefordert, sich im Rahmen einer Risikoabwägung zu besprechen.
Aufnahmezeitpunkt
Freie Plätze können grundsätzlich jederzeit belegt werden. Eine Aufnahme ist 24/7 möglich.
Anfragen per Mail bitte an anfragen@quovadis-jugendhilfe.de senden.
Medizinische Versorgung
Eine gute medizinische Versorgung in allen fachärztlichen, auch kinder- und jugendpsychiatrischen Bereichen ist regional gegeben.
Stets …
… ist es Aufgabe der freien Träger der Jugendhilfe die öffentlichen Träger auch in solchen Situationen mit angemessenen Angeboten zu unterstützen
… haben wir als Fachkräfte die Aufgabe auch für übergriffige Klienten einen angemessenen Lebensort vorzuhalten
… sollten solche Angebote akut handlungsfähig sein
Realisierung
Die Stelle für Interimsplätze befindet sich in einem ehemaligen Ackerbürgerhaus in Wesenberg. Wesenberg liegt im Amt Mecklenburgische Kleinseenplatte im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte unweit der Landesgrenze zu Brandenburg und hat etwa 3000 Einwohner.
Die Platzzahl der Clearingstelle ist auf drei begrenzt. Jedem Klienten steht ein eigenes Zimmer zur Verfügung. Die Clearingstelle hält auf insgesamt 240 qm großzügige Gemeinschaftsflächen und zusätzlich eine großflächige Dachterrasse vor.
Das Angebot wird mit einer dauerhaft innewohnenden Fachkraft unter Beteiligung weiterer hinzugehender Fachkräfte vorgehalten. Alle Fachkräfte des Teams haben einschlägige Vorerfahrungen im Bereich der stationären Jugendhilfe.
Die Maßnahmen zur Sicherstellung des Kindeswohls und die Umsetzung von Beschwerdemanagementanforderungen sind in einschlägigen Konzepten geregelt, die bei Bedarf gerne ausgereicht werden. Weitere konzeptionelle Angaben (zum Beispiel zur Arbeit mit PSB oder zu methodischen Fragen) finden sich in der Trägerkonzeption und der Leistungsbeschreibung des Trägers, die ebenfalls gerne zur Verfügung gestellt werden.
Es finden die mit dem am Trägersitz örtlich zuständigen öffentlichen Jugendhilfeträger verhandelten Intensiventgelte Anwendung. Die entsprechenden Entgeltvereinbarungen reichen wir auf Anfrage aus. Zum Aufnahmezeitpunkt muss ein schriftliches Kostenanerkenntnis vorliegen.
Tiere (Schafe usw.) sind Impulsgeber für viele Lernprozesse. Durch die Arbeit und das Versorgen von Tieren werden unterschiedlichste Sinne angeregt und Empfindungen und Gefühle können geweckt werden. Die Entwicklung von Achtsamkeit, Mitgefühl und Respekt werden begünstig, ohne die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit anderen Menschen. Vielen Kinder- und Jugendlichen fällt es schwer sich verbal und nonverbal zu auszudrücken, häufig liegen dem Klienten andauernde und schwerwiegende Erfahrungen zu Grunde. Die Arbeit mit Tieren (keine tiergestützte pädagogische Abgebote) kann eine unterstützende Rolle bei der Überwindung von Ängsten, bei der Verbesserung emotionaler und kognitiver Fähigkeiten, sowie bei der Motivation von Lernprozessen spielen.
Das Angebot ist in drei jeweils vierwöchige Phasen untergliedert
Phase 1: Einstieg
Am Tag der Aufnahme werden die Klienten mit Struktur, Ziel und Ablauf der Maßnahme vertraut gemacht. Die in der Stelle geltenden Regeln werden erklärt.
Die Aufgabe der Fachkräfte und auch die durch sie eingesetzten Methoden der Verhaltensbeobachtung werden zielgruppengerecht erläutert.
Das Anforderungsniveau in dieser Phase ist vergleichsweise moderat. Die Klienten werden bereits im Aufnahmegespräch mit den sich in Phase 2 steigernden Anforderungen vertraut gemacht.
Phase 1 schließt mit einem standardisierten Bericht ab, der dem Bedarfsträger in der fünften Maßnahmenwoche zugeht.
Phase 2: Intensivierung
In der zweiten Phase werden die Anforderungen an die Klienten individuell nach Entscheidung des Fachteams erhöht. Dies dient der Einschätzung der derzeitigen Möglichkeiten (aber auch Defizite) der Klienten mit steigenden Anforderungen und Stress umzugehen.
Die eingesetzten Methoden reichen dabei von zusätzlichen Aufgaben in der Gruppe, über jeweils alters- und entwicklungsangemessene Konfrontation mit unangemessenem Verhalten bis hin zur Sanktionierung von Regelverstößen.
Phase zwei schließt mit einem standardisierten Bericht ab, der dem Bedarfsträger in der neunten Maßnahmenwoche zugeht. Dieser Bericht fokussiert vor allem den derzeitigen Entwicklungsstand und den erzieherischen Bedarf der Klienten aus Sicht des Fachteams. Er enthält immer mindestens einen Entscheidungsvorschlag für aus Sicht des Teams indizierte Folgemaßnahmen.
Nach gemeinsamer Auswertung des Berichtes und einer abgestimmten Entscheidung über das weitere Vorgehen folgt Phase 3.
Phase 3: Vorbereitung auf den Wechsel
In der dritten Phase wird das in Phase 2 verstärkte Anforderungsniveau wieder gesenkt und der Klient individuell auf den Übergang in die Anschlussmaßnahme vorbereitet. Gemeinsam mit dem Klienten werden Förder- und Entwicklungsziele für den nächsten zu vereinbarenden Hilfezeitraum erarbeitet und ein Vorschlag für einen Hilfeplan nach §36 SGB VIII generiert.
Phase 3 schließt im Regelfall nach der Regelverweildauer von drei Monaten mit einem „Übergabe-Hilfeplangespräch“ ab. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Anschlussmaßnahme verfügbar sein, ist es möglich diese Phase höchstens dreimal, um jeweils einen Monat zu verlängern. Ein längerer Verbleib ist ausgeschlossen.
Leistungsumfang im Überblick
- Ad-Hoc-Aufnahme grundsätzlich für maximal drei Monate realisierbar
- 14-tägige Rückmeldungen an die Bedarfsträger in Form von Video/Telefonkonferenzen – auf Wunsch Teilnahme der PSB
- Standardisierter Abschlussbericht nach Maßnahmeende
- Fachlich fundierte und begründete Empfehlung für eine Anschlussmaßnahme
- Auf Wunsch Unterstützung bei der Angebotssuche für eine sinnvolle Anschlussmaßnahme – wir arbeiten dabei mit einer Reihe von Mitanbietern zusammen
- Begleitung des Übergabeprozesses einschließlich des Angebots der Teilnahme an einem Übergabe-HPG
Stand: November 2023